85 JAHRE DÜSSELDORFER JONGES
WOLLEN – KÖNNEN - MACHEN
Die Düsseldorfer Jonges haben Geburtstag. 85 Jahre alt ist der Männerverein geworden. Einen Rollator braucht er nicht. Bei jungen Mitgliedern hängen die Sprintschuhe am Haken.
Gefeiert wird allerdings erst später. Nämlich im Sommer. Unter dem Titel „Wir Jonges. Mittendrin“ nehmen die 2700 Vereinsmitglieder einen Teil der Altstadt in Beschlag. Längst sind Arbeitsgruppen eingerichtet. Ganz vorn dabei auch eine Frau: Dr. Susanne Anna, die Chefin des Stadtmuseums. Die mache nichts, wovon sie nicht auch überzeugt sei, heißt es. „Diese Aufgabe macht mir großen Spaß“, bekennt sie.
Die Aufgabe hat zwei Teile. Am Samstag, 29. Juli, soll ein Geburtstagsfest gefeiert werden, an das man sich später auch erinnert. „Mein Verein hat da wirklich was auf die Beine gestellt“, soll es dann möglichst heißen. Wenn alles gut läuft.
Mitmach-Spaß im Freien am Nachmittag, anregende Kopfarbeit im Inneren des Hauses. Dort soll an diesem Feiertag eine Ausstellung starten, die über vier Wochen läuft und auch denen Einblicke gewährt, die nie von den Jonges gehört haben. Die Jonges mittendrin, lautet die Botschaft. Mittendrin in der Stadt.
Der Slogan „Ich bin dann mal weg“ gilt für diesen Tag nicht. Zum Geburtstag treffen sich nämlich nicht nur die Mitglieder im Stadtmuseum, sondern mit ihren Familien, Ehefrauen, Lebensgefährtinnen, Geschwistern, auch Großeltern und Enkelkinder. Und Freunde, versteht sich. Daheim bleibt die Küche an diesem Tag kalt.
Der Vorzug des Museums, das sich inhaltlich von der Peripherie der Stadt längst in die Mitte der Stadtgesellschaft bewegt hat und sich nicht scheut, auch kontroverse Diskussionen aufzunehmen – dieses Museum hat einen wunderbaren Garten. Am südlichen Rand der historischen Altstadt ist der „Rosengarten“, längst zum Magneten geworden. Nicht nur für Anwohner.
Anhand von Dokumenten, Fotos, Audio- und Video-Materialien soll es einprägsame Antworten geben. Auch solche im Detail: Warum haben etwa der Schauspieler Paul Henkels oder die früheren Bundespräsidenten Walter Scheel und Johannes Rau zu den Jonges gefunden? Da fügt es sich, dass der größte Teil des Archivs bereits digitalisiert ist und dass mit Prof. Volker Ackermann ein Wissenschaftler an der Arbeit ist, der die Geschichte der Jonges zum 90. Geburtstag des Vereins vorlegen wird. Ein beachtlicher Teil der Arbeit ist bereits getan.
Die Struktur des Vereins hilft bei der Konzeption. „Tische“ nennen die Jonges ihren Unterbau. Manche sprechen auch von den Säulen des Vereins. „Tische“, das sind Tischgemeinschaften, die den Gesamtverein mit einer eigenen Handschrift erlebbar machen. Wer sich auf die Spurensuche begibt und Freundeskreise ausfindig machen will, landet zwangsläufig bei den „Tischen“. Davon gibt es 51. Manche sind klein (10), manche groß (über 100). Das sind nicht etwa anonyme Zirkel, sondern Gruppierungen mit Anspruch. Gemeinsame Reisen schaffen Nähe. Soziales Engagement vor allem wird dort erkennbar. In der Ausstellungskonzeption nehmen diese Gemeinschaften eine wichtige Rolle ein. Gerade erst haben sie sich getroffen, um – neudeutsch formuliert – Claims abzustecken. Wie stelle ich mich dar?, heißt die Titelzeile.
Der Garten wird an diesem 29. Juli ganz im Zeichen der Jonges stehen. Bühnenprogramm, Mitmachaktionen, Sportangebote. Natürlich viel Musik. Der Garten soll zum Spaßterrain werden. Für die Erwachsenen wie für die Kleinen. Traditionell bauen die Jonges auf ihre Freunde. Noch steht das Programm nicht in Einzelheiten, aber sicher ist, dass etwa die großen Sportvereine mit ihren Stars (Fortuna, DEG, Borussia Düsseldorf) mitmachen werden. Sie fühlen sich seit vielen Jahren mit den Jonges verbunden. „Wir wollen die große Unterhaltung für alle“, formuliert Vizebaas Dr. Reinhold Hahlhege, der für das Familienfest und die Ausstellung verantwortlich ist.
Der – wenn man so will – nachdenkliche Teil des Geburtstagsfestes findet wettergeschützt unter Dach statt. Initiatoren und Organisatoren wollen ein dickes Brett bohren. Die Jonges planen eine Ausstellung, die in die Exponate des Museums eingepasst wird. Wer die vierwöchige Ausstellung besucht, soll nachvollziehbare Antworten auf die Frage bekommen, ob und wie sich dieser große Verein von seiner Gründung 1932 bis heute in der Stadtgeschichte bewegt hat. Und ob es wechselseitige Einflüsse gegeben hat. Für den Jonges-Archivar Andreas Schroyen ist unzweifelhaft: „Die Attraktivität des Vereins und sein anhaltendes Wachstum haben damit zu tun, dass der Verein eine Idee hat und dass er sie mit Engagement auch verfolgt.“ Diese Überzeugung spiegelt sich in den Antworten auf die Frage, welche Aussagen denn der Ausstellung zugrunde liegen sollen: Es geht um das Selbstverständnis der Jonges:
Was wollen sie? Was können sie? Was machen sie?
Dazu ist inzwischen ein Konzept erarbeitet. Das hat eine aus dem Jongeslied entnommene Überschrift bekommen: „als wo ich minn Heimat fong...“ Von außen betrachtet, haben Tischgemeinschaften zu einem Teil kuriose, mindestens erklärungsbedürftige Namen. Und damit geht’s denn auch los. Brandstifter, 2. Löschzug, Stachelditzkes, Rabaue, Ham’mer nit: Muss man erklären. Wird auch erklärt.
In Abstimmung mit der Museumschefin sollen Tischgemeinschaften in der Ausstellung feste Plätze bekommen. Sie haben alle Freiheiten, um ein „Das und so sind wir“ zu kreieren. Das fängt bei der Geschichte zum Tischnamen an, geht über Bräuche hin zu Aufgaben und Themen, berührt wichtige Ereignisse oder besonders beeindruckende gemeinsame Fahrten. Auch Anekdoten sind gefragt. Kurzum: Der Betrachter soll erkennen, worin sich die eine von der anderen Tischgemeinschaft unterscheiden. Und vor allem soll es menscheln. Anna: „Ich kann mir auch eine Pinnwand gut vorstellen.“ Tim Preiswerk von der Tischgemeinschaft „Am Fässke“ koordiniert Ideen wie Positionen im Austausch mit Anna.
Er hat schon begonnen, der Wettbewerb an Ideen. Das Erreichen eines Nebeneffektes kündigt sich bereits an. Wer ein Düsseldorfer Jong wird, hat damit nicht automatisch einen „Tisch“ gefunden, der ihm liegt und in dem er – möglicherweise – dann auch seine „Heimat fong“.
Die Ausstellung könnte bei der Suche helfen...
Vizebaas Dr. Reinhold Hahlhege